„Tag des Handels 2019“ beleuchtete Partnerschaft zwischen Landwirtschaft und LEH
Die wachsende Bedeutung von Regionalität, Klimaschutz und Herkunftskennzeichnung wurde gestern am „Tag des Handels 2019“ in Wien bei einer Podiumsdiskussion deutlich. Diese trug den Titel „Qualität ‚Made in Austria‘ – Erfolge und Potenziale in der Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Lebensmitteleinzelhandel (LEH)“ und beleuchtete verschiedene Herausforderungen dieser Wertschöpfungskette.
Der Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich, Josef Moosbrugger, bezeichnete die Einladung als „Chance, noch stärker zusammenzuwachsen“. Er sieht bereits einige positive Partnerschaftsansätze, ortet jedoch noch deutliches Verbesserungspotenzial. So sei etwa die Selbstverpflichtung des LEH zu fairen Geschäftspraktiken „ein erster Schritt“. Dieser lasse jedoch weiterhin einige Fragen in der Umsetzung offen. „Es kommt darauf an, wie die fairen Handelspraktiken gelebt und umgesetzt werden. Die Erwartungshaltung der Lebensmittelproduzenten ist hier größer.“
Hensel: Weg von Qualität und Differenzierung weitergehen
Sehr kritisch sieht er, dass die Standards für die heimischen Bäuerinnen und Bauern vielfach immer weiter in die Höhe geschraubt werden. Wenn mit diesen Vorgaben dann nicht das vom Handel gewünschte Ergebnis zu erzielen ist, werden die Regale einfach mit Importprodukten ohne diese Standards aufgefüllt. Hier fordert der LKÖ-Präsident mehr Fairness am Markt und eine klare Herkunftskennzeichnung als entscheidende Grundlage. „Der Handel hat längst erkannt, dass sich die Konsumentinnen und Konsumenten nach regionaler Herkunft sehnen. Es gibt jedoch noch viel Potenzial, um damit eine bessere Wertschöpfung – auch für die Bäuerinnen und Bauern – zu erzielen. Österreichs Landwirte gewinnen über Größe und Menge nicht, das ist nur über die Qualität möglich“, unterstrich Moosbrugger und sprach sich für eine starke Qualitätspartnerschaft aus. Auch der Vizepräsident des Handelsverbands und REWE-Aufsichtsratsmitglied, Frank Hensel, hält es für wichtig, anders zu sein als der Weltmarkt und „den Weg der Differenzierung weiterzugehen“. „Wir dürfen nicht runter gehen mit den Standards, ganz im Gegenteil“, meinte der Vizepräsident.
Bei Herkunftskennzeichnung mit Realismus mehr erreichen
Im Hinblick auf die Herkunftskennzeichnung sagte Hensel: „Wir von Handelsverband sind dafür zu 100%.“ Der massive Widerstand komme von Seiten der Lebensmittelindustrie. Er sieht auch alle anderen Sektoren, insbesondere die Gastronomie, gefordert, verstärkt auszuweisen, woher die Produkte kommen. Das REWE-Aufsichtsratsmitglied sprach sich dagegen aus, diesen Bereich von der Politik regeln zu lassen. Generell fordert er „weniger Regulatoren, weniger Bürokratie und mehr Eigeninitiativen.“ Sein Vorschlag punkto Herkunftskennzeichnung ist, alle Marktplayer zusammenzuholen und zu einer gemeinsamen Vorgehensweise einzuladen. „Dass der Handel unser Partner ist, wenn es um Herkunftskennzeichnung geht, nehme ich sehr gerne mit. Wir sollten es allerdings nicht übertreiben, sodass wir am Schluss gar nichts zustande bringen“, betonte Moosbrugger. Die Erfahrung zeige, dass mit realistischen Schritten und Beharrlichkeit mehr zu gewinnen sei. „Insbesondere bei Verarbeitungsprodukten müssen wir eine bessere Kennzeichnung der Rohstoffherkunft erreichen. Hier gibt es zu viele Trittbrettfahrer“, unterstrich der LKÖ-Präsident. „Es geht nicht darum, den Ursprung von Salz und Pfeffer auszuweisen, sondern woher die Rohstoffe kommen, die 50% oder mehr des Produkts ausmachen.“ Damit wäre schon viel gewonnen, so der Interessenvertreter.
Gemeinsame Strategie punkto Klimaschutz gefordert
Im Hinblick auf die Klimadiskussion betonte Moosbrugger: „Lebensmittel aus der Region sind ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz. Wir haben jedoch keine Kostenwahrheit. Die Lebensmittel werden unter massiver Treibhausgasproduktion auf der Welt herumgekarrt, was letztendlich Schäden verursacht. Diese wahren Kosten spiegeln sich jedoch nicht im Preis wider. Wir brauchen nicht sinnlose Instrumente wie eine Fleischsteuer, sondern vielmehr Klimazölle. Daran sollten wir gemeinsam arbeiten. Denn auch der Großteil des Handels überlebt nur in Verbindung zur regionalen Wertschöpfungskette“, gab der LKÖ-Präsident zu bedenken. Auch der Wirtschaftsjournalist Hanspeter Mandlberger forderte eine gemeinsame Strategie der österreichischen Lebensmittel-Wirtschaft in der Klimaschutzfrage – ähnlich wie in Deutschland. Hannes Royer von „Land schafft Leben“ hält es zudem für entscheidend, den Zugang der Bevölkerung zu den Bäuerinnen und Bauern über Bewusstseinsbildung und eine verstärkte Einbindung dieser Themen in den Schulunterricht zu verbessern.