Digitalisierungs-Studie: Bäuerliche Betriebe offen für Innovationen
Der Einsatz digitaler Technologien auf landwirtschaftlichen Betrieben hat in den vergangenen Jahren einen deutlichen Schub erfahren und ist heute von den Höfen nicht mehr wegzudenken. Verwendet werden unter anderem Software für Betriebsführung und Aufzeichnung, vernetzte Landtechnik auf Feld und Stall sowie Online-Plattformen für Marketing und Direktvermarktung. Eine aktuelle Studie des oberösterreichischen Marktforschungsunternehmens KeyQUEST untersuchte die tatsächliche Nutzung sogenannter Smart-Farming-Technologien, die Ansprüche an zukünftige Beratungs- und Weiterbildungsangebote sowie die generelle Einstellung von Betriebsführerinnen und Betriebsführern gegenüber dem Megatrend Digitalisierung. Landwirtschaftskammer (LK) Österreich-Präsident Josef Moosbrugger, Johannes Mayr, Geschäftsführer der KeyQUEST Marktforschung GmbH, sowie Martin Hirt, Projektleiter für Digitalisierung am Ländlichen Fortbildungsinstitut (LFI) Österreich, stellten die Ergebnisse vor.
Mayr: Landwirte offen für technologische Veränderungen
Die Einstellung der Landwirtinnen und Landwirte gegenüber der Landwirtschaft 4.0 ist überwiegend positiv. So sehen 43% der Befragten die zunehmende Automatisierung und Digitalisierung sehr positiv oder eher positiv. 46% stehen dem Thema neutral gegenüber, nur 11% betrachten diese Veränderungsprozesse mit Skepsis oder Ablehnung. Darüber hinaus wurden Bekanntheitsgrad und Verwendung konkreter Anwendungen in der jeweils relevanten Zielgruppe abgefragt. "Bäuerinnen und Bauern fühlen sich gut informiert. Bei den 25 abgefragten Technologien gaben im Schnitt 94% an, diese zu kennen", so Mayr. Dabei ist zwischen Technologien aus dem Bereich Betriebsführung und der Produktion zu unterscheiden. Aus Ersterem erreichen digitale Lösungen zur Dokumentation gegenüber Behörden (70%), Messenger-Dienste zum beruflichen Austausch (70%) und Pflanzenschutz-Warndienst beziehungsweise Agrarwetterdienste (65%) die höchsten Nutzungsraten. Im Produktionsbereich liegen automatische Spurführungssysteme (24% der Acker- und Gemüsebaubetriebe), Teilbreiten- oder Einzeldüsenabschaltung (26% der Acker- und Gemüsebaubetriebe) sowie automatisierte Fütterungstechniken (23% der Tierhaltungsbetriebe) im vorderen Bereich der Rankings.
Das Hauptmotiv für die Nutzung geht laut Mayr klar aus der Studie hervor: "Die meisten befragten Bäuerinnen und Bauern gaben an, sich im Wesentlichen Arbeitserleichterung und Zeitgewinn von den neuen Helferleins zu erhoffen. Alle anderen Motive (Qualitäts- oder Ertragsteigerung, Erhöhung der Rentabilität) kommen erst deutlich dahinter." Insgesamt haben Österreichs Betriebsführerinnen und Betriebsführer einen recht pragmatischen Zugang zu diesem Thema, frei nach dem Motto: "Wenn es funktioniert, die Arbeit erleichtert und leistbar ist, dann nutze ich diese neuen Technologien gerne".
Moosbrugger: Rahmenbedingungen für sinnstiftende Digitalisierung schaffen
"Viele Menschen wissen gar nicht, wie fortschrittlich auf unseren Höfen bereits gearbeitet wird", betonte Moosbrugger den Innovationsgeist der Landwirtschaft. Neue innovative Ansätze seien auch unabdinglich, wenn alle Herausforderungen und Erwartungen an die landwirtschaftliche Produktion - Stichwort Green Deal - bewältigt werden sollen. Dennoch müsse stets die Kosten-Nutzen-Rechnung aus Sicht der Landwirtinnen und Landwirte stimmen: "Investitionen in Technik dürfen und werden nie Selbstzweck sein, sondern müssen einen konkreten betrieblichen Nutzen bringen. Dieser Nutzen kann in der Steigerung der Tiergesundheit, der effizienteren Ausbringung von Betriebsmitteln oder eben auch in der physischen Arbeitsentlastung liegen."
Die Landwirtschaftskammern hätten sich als unabhängige und neutrale Anlaufstellen bewährt. Gemeinsam mit neuen Partnern, wie der Innovation Farm, setze man diesen Weg fort, so Moosbrugger. Die Politik sei aber auch gefordert, Rahmenbedingungen zu setzen. "Dazu gehören neben dem dringend benötigten Breitbandausbau im ländlichen Raum auch klare und verbindliche rechtliche Vorgaben beim Thema Datenhoheit. Denn eines ist klar: Die auf den Betrieben generierten Daten müssen auch zukünftig in bäuerlicher Hand bleiben", verdeutlichte der LK Österreich-Präsident.
Hirt: Bildungs- und Beratungsangebot weiterentwickeln
"Landwirtschaftskammern und Ländliche Fortbildungsinstitute sind bemüht, ihr digitales Angebot kontinuierlich weiterzuentwickeln. Dabei geht es einerseits darum, Bildung und Beratung auf digitalem Weg möglich zu machen, andererseits aber natürlich auch um die digitalen Technologien am Betrieb", so Hirt. Waren vor einigen Jahren EDV-Basiskurse im Sinne einer Grundausbildung sehr stark gefragt gewesen, behandeln die Veranstaltungen heute vielfach Precision Farming, tierindividuelle Sensoren und Datenvernetzung. "Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass mögliche Hürden für den Einstieg in die Landwirtschaft 4.0 im Kostenbereich und nicht im Beratungs- und Weiterbildungsangebot gesehen werden."
Dennoch können sich rund zwei Drittel vorstellen, künftig an Kursen oder persönlichen Beratungen speziell zu neuen Themen teilzunehmen. Daher müsse an bedarfsorientierten und regional differenzierten Formaten gearbeitet werden. Hirt: "Ein Ansatz ist hier das Pilotprojekt Innovation Farm, bei dem Forschungsstandorte, Unternehmen sowie Landwirtschaftskammern und Bildungsträger zusammenarbeiten."