28.06.2018 |
von DI Sandra Pfuner
Umdenken in der Kälberfütterung
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Kälber werden mit einem eigenen aktiven Immunsystem geboren. Die Biestmilch liefert den Kälbern wichtige spezifische Antikörper (Immunglobuline), die sich gegen spezielle im Bestand befindliche Erreger richten, meist Enterotoxische E. coli-Bakterien (ETEC). Es wird darum empfohlen, die erste Biestmilch so schnell wie möglich, am besten unmittelbar nach der Kalbung zu verabreichen und davon so viel wie möglich, möglichst 3 l oder mehr. Der Saugreflex der Kälber ist direkt nach der Geburt am größten, die Milchaufnahmekapazität ebenso und die Kälber haben zu diesem Zeitpunkt noch keine Verdauungsenzyme, so dass die Biestmilch den Labmagen passiert und im Darm aufgenommen wird. Auf diese Weise gelangen die Immunglobuline direkt ins Blut.
Spielen jedoch beispielsweise Rotaviren beim Durchfallgeschehen eine Rolle, dann wird der Anteil an Antikörpern in der Biestmilch, der auf Rotaviren spezialisiert ist, nicht ausreichen, um eine Infektion zu verhindern. Es sei denn, die Mütter wurden während der Trächtigkeit mit einem Impfstoff gegen Rotaviren immunisiert.
Antikörper gegen Parasiten wie Kryptosporidien oder Kokzidien (Durchfall auslösende Einzeller) sind nur minimal in der Biestmilch enthalten und bieten keinen ausreichenden Schutz. Impfungen gibt es in diesem Fall nicht. Um Infektionsproblemen vorzubeugen, sind Hygienemaßnahmen und in jedem Fall eine ausreichende Aktivierung des eigenen Immunsystems der Kälber notwendig. Bei den Hygienemaßnahmen ist es wichtig, dabei auch antiparasitär wirkende Desinfektionsmittel einzusetzen, und das so häufig wie möglich.
Aktivierung des Immunsystems
Das Immunsystem ist im ganzen Körper, im Blut und in den Körperflüssigkeiten aktiv. Dazu gehören Fresszellen (Makrophagen, Granulozyten), NK-Zellen (natürliche Killerzellen), die zu den Leukozyten, das heißt zu den weißen Blutkörperchen gehören und vom Beginn des Lebens an aktiv sind. Um sie jedoch in ausreichendem Maße aktivieren zu können, müssen sie mit Energie und Nährstoffen versorgt werden.
Im Jahr 2017 wurde ein Versuch veröffentlicht, der sich mit dem Energiebedarf des Immunsystems des Rindes beschäftigt (Kvidera et al., 2016). Mit Hilfe dieser Untersuchungsergebnisse konnte die Energiemenge errechnet werden, die Kühe für eine Immunantwort benötigen, wenn sie mit Krankheitserregern konfrontiert werden. Es waren 1092 g Glukose innerhalb von 12 Stunden. Rechnet man diesen Wert auf der Grundlage des metabolischen Körpergewichts, das heißt der stoffwechselaktiven Körpermasse auf ein 50 kg schweres Kalbes um, so entspräche der Energiebedarf pro Tag nur für eine solche Immunantwort einer Menge von zirka 2 l Muttermilch.
Im Jahr 2017 wurde ein Versuch veröffentlicht, der sich mit dem Energiebedarf des Immunsystems des Rindes beschäftigt (Kvidera et al., 2016). Mit Hilfe dieser Untersuchungsergebnisse konnte die Energiemenge errechnet werden, die Kühe für eine Immunantwort benötigen, wenn sie mit Krankheitserregern konfrontiert werden. Es waren 1092 g Glukose innerhalb von 12 Stunden. Rechnet man diesen Wert auf der Grundlage des metabolischen Körpergewichts, das heißt der stoffwechselaktiven Körpermasse auf ein 50 kg schweres Kalbes um, so entspräche der Energiebedarf pro Tag nur für eine solche Immunantwort einer Menge von zirka 2 l Muttermilch.
Gesamtenergiebedarf eines Kalbes
Für den Tagesbedarf an Milch kämen neben den 2 l für das Immunsystem weitere Mengen dazu. Es wären 4 l für den Erhaltungsbedarf, für tägliche Zunahmen von minimal nur 400 g noch einmal 2,4 l, ein zusätzlicher Bedarf für den Temperaturausgleich, der zum Beispiel bei einer Umgebungstemperatur von 0°C 1 l betragen würde und Energie für Bewegung, die schwer zu definieren ist.
Daraus ergäbe sich ein Schätzwert für den Energiebedarf unter den beschriebenen Bedingungen von 10 l Muttermilch pro Tag für ein solches Kalb. Stünde diese Menge im Falle einer Infektion nicht zur Verfügung, würde Energie zuerst bei den hier schon geringen Zunahmen eingespart werden. Im nächsten Schritt würde der Körper versuchen, Energiereserven, wenn vorhanden, zu mobilisieren, einhergehend mit einer abgeschwächten Immunreaktion.
Um jedoch sicherzustellen, dass die Kälber eine bestmögliche Immunantwort entwickeln können, ist in den ersten Lebenswochen der sicherste und einfachste Weg, ihnen Milch ad libitum anzubieten.
Daraus ergäbe sich ein Schätzwert für den Energiebedarf unter den beschriebenen Bedingungen von 10 l Muttermilch pro Tag für ein solches Kalb. Stünde diese Menge im Falle einer Infektion nicht zur Verfügung, würde Energie zuerst bei den hier schon geringen Zunahmen eingespart werden. Im nächsten Schritt würde der Körper versuchen, Energiereserven, wenn vorhanden, zu mobilisieren, einhergehend mit einer abgeschwächten Immunreaktion.
Um jedoch sicherzustellen, dass die Kälber eine bestmögliche Immunantwort entwickeln können, ist in den ersten Lebenswochen der sicherste und einfachste Weg, ihnen Milch ad libitum anzubieten.
Energiebedarf pro Tag:
- 2 l Milch für Immunantwort
- 4 l Milch für Erhaltungsbedarf
- 2,4 l Milch für tägl. Zunahme
- 1 l Milch für Temperaturausgleich weitere Milch für Energie zur Bewegung
Der Gesamtenergiebedarf für ein Kalb beträgt ca. 10 l Muttermilch pro Tag
„Ein Übel kommt selten allein“
Ob es zum Ausbruch einer Erkrankung kommt, egal welcher Art, wird niemals von nur einem Faktor alleine beeinflusst. Die ausreichende Energieversorgung ist die eine Sache, Stress wirkt sich in hohem Maße negativ auf das Immunsystem aus.
Stress auslösende Faktoren sind Umstallung oder Temperaturschwankungen, die sich innerhalb kurzer Zeit vollziehen und Zugluft. Helfen können in solchen Fällen schützende Bereiche, in die sich die Kälber zurückziehen können, wie zum Beispiel Kälbernester.
Der Erregerdruck, insbesondere von Erregern, die Durchfallgeschehen auslösen, kann wirkungsvoll durch Hygienemaßnahmen gesenkt werden.
Stress auslösende Faktoren sind Umstallung oder Temperaturschwankungen, die sich innerhalb kurzer Zeit vollziehen und Zugluft. Helfen können in solchen Fällen schützende Bereiche, in die sich die Kälber zurückziehen können, wie zum Beispiel Kälbernester.
Der Erregerdruck, insbesondere von Erregern, die Durchfallgeschehen auslösen, kann wirkungsvoll durch Hygienemaßnahmen gesenkt werden.
Fazit
Empfehlungen zur rationierten Milchtränke von Kälbern in den ersten Lebenswochen können nach heutigem Wissenstand nicht mehr unterstützt werden. Der Grund für entsprechende Empfehlungen aus der Vergangenheit war die Absicht, die Tiere so früh wie möglich zur Aufnahme von Grund- und Kraftfutter zu animieren.
Da eine Kompensation von benötigter Energie bei einer rationierten Milchtränke über feste Futtermittel erst ab der vierten Lebenswoche nennenswerte Größenordnungen erreicht, wird eine ad libitum-Tränke mit Milch in den ersten drei Lebenswochen empfohlen. Anschließend soll die Milch schrittweise reduziert werden, um eine möglichst optimale Anpassung an die steigende Aufnahme von Grund- und Kraftfutter zu erreichen. Mit einer solchen Tränke beziehungsweise Fütterung lässt sich die Vitalität der Kälber sowie die spätere Leistungsbereitschaft deutlich steigern.
Kälber müssen frei von Zugluft und kaltem schleusenden Wind gehalten werden. Große Temperatursprünge innerhalb kurzer Zeit wirken sich stark negativ auf das Immunsystem aus und können zu Atemwegserkrankungen führen. Um das zu vermeiden, ist es sinnvoll Kleinklimazonen, wie Einzeliglus oder Kälbernester zu schaffen. Ein ausreichender Schutz vor Zugluft, eine komfortabel mit Stroh eingestreute Bucht und eine Ernährung, die Energiereserven für ein intaktes Immunsystem bereitstellt, sind dabei die Grundvoraussetzungen für gesunde Kälber, insbesondere bei erhöhtem Infektionsdruck.
Da eine Kompensation von benötigter Energie bei einer rationierten Milchtränke über feste Futtermittel erst ab der vierten Lebenswoche nennenswerte Größenordnungen erreicht, wird eine ad libitum-Tränke mit Milch in den ersten drei Lebenswochen empfohlen. Anschließend soll die Milch schrittweise reduziert werden, um eine möglichst optimale Anpassung an die steigende Aufnahme von Grund- und Kraftfutter zu erreichen. Mit einer solchen Tränke beziehungsweise Fütterung lässt sich die Vitalität der Kälber sowie die spätere Leistungsbereitschaft deutlich steigern.
Kälber müssen frei von Zugluft und kaltem schleusenden Wind gehalten werden. Große Temperatursprünge innerhalb kurzer Zeit wirken sich stark negativ auf das Immunsystem aus und können zu Atemwegserkrankungen führen. Um das zu vermeiden, ist es sinnvoll Kleinklimazonen, wie Einzeliglus oder Kälbernester zu schaffen. Ein ausreichender Schutz vor Zugluft, eine komfortabel mit Stroh eingestreute Bucht und eine Ernährung, die Energiereserven für ein intaktes Immunsystem bereitstellt, sind dabei die Grundvoraussetzungen für gesunde Kälber, insbesondere bei erhöhtem Infektionsdruck.
Schulungsveranstaltungen
Unter dem Titel "Kälber- und Jungviehaufzucht - Gesunde Tiere von Beginn an"
bietet der LKV Salzburg eine Schulungsveranstaltung in allen Bezirken an.
Folgende Themen werden in den Abendveranstaltungen näher behandelt:
Folgende Themen werden in den Abendveranstaltungen näher behandelt:
- Die Fütterung des Kalbes gleich nach der Geburt
- Ad libitum Tränke -warum und wie wird sie gemacht?
- Praktische Erfahrungen mit der ad libitum Tränke
- Vom Kalb zur Kalbin- was muss bei der Jungviehaufzucht beachtet werden?
- Mi, 4. Juli 2018 um 19:00 Uhr beim Landgasthof Reitsamerhof in Pfarrwerfen.
- Do, 12. Juli 2018 um 19:00 Uhr beim Schloss Kammer in Maishofen
- Di, 31. Juli 2018 um 19:00 Uhr in der Maix-Solide Alm in Elixhausen
- Do, 2. August 2018 um 19:00 Uhr beim Gasthof Pointwirt in Scheffau
- Mi, 8. August 2018 um 19:00 Uhr beim Gasthof Gambswirt in Tamsweg
Anmeldung und Informationen:
Sophie Lankmayer unter
s.lankmayer@lkv-sbg.at oder
0664/5514643
Anmeldeschluss:
2 Werktage vor dem jeweiligen Kurstermin oder
wenn der Kurs voll ist