09.11.2017 |
von Dipl.-Ing. Alexander Bachler
Richtlinienpaket der EU "Saubere Energie für alle Europäer"
Unter dem klangvollen Titel "Saubere Energie für alle Europäer" hat die Europäische Kommission (EK) Ende November 2016 ein umfangreiches Paket, bestehend aus acht Entwürfen für Richtlinien und Verordnungen im Energiesektor, vorgelegt. Damit soll nicht weniger als die Energiepolitik der EU bis 2030 festgelegt und der zukünftige Rechtsrahmen für den Energiemarkt abgesteckt werden. Des Weiteren soll so auch ein entscheidender Beitrag zur Erreichung der Pariser Klimaschutzziele (Erwärmung nicht mehr als 2° C durch Verminderung der Treibhausgasemissionen bis 2050 um 95%) geleistet werden.
Internationale Regeln – nationale Umsetzung
Von besonderer Bedeutung für die Land- und Forstwirtschaft sind drei Entwürfe:
- die "Governance"-Verordnung, welche die Erarbeitung von integrierten Energie- und Klimaplänen durch die Mitgliedstaaten in Detail vorgeben, die Verwaltung und das Berichtswesen der Energieunion neu ordnen sowie das Monitoring zur Zielerreichung sicherstellen soll;
- die "Erneuerbaren"-Richtlinie (RED II), deren Überarbeitung die Ziele, Einsatzgebiete, einzuhaltende Auflagen und Kriterien für die Förderungswürdigkeit sowie Anrechenbarkeit von erneuerbarer Energie bis 2030 festlegen soll;
- und die "Strommarktdesign"-Richtlinie samt zugehöriger Verordnung, worin Regelungen zur Anpassung des Strommarkts an die neuen Gegebenheiten und die Voraussetzungen für die Einspeisung von erneuerbarer Energie in das Stromnetz enthalten sein sollen.
Die Vorschläge der EK werden nun im Europäischen Parlament als auch im zuständigen Kollegium des Europäischen Rates mit unterschiedlicher Geschwindigkeit diskutiert und entsprechend abgeändert, um zu einer Position der jeweiligen Institution zu kommen. Im Anschluss sind diese teilweise diametral entgegenstehenden Positionierungen in einem sogenannten "Trilogverfahren" wiederum in eine gemeinsame Textierung zusammenzuführen. Nach formaler Annahme der finalen Texte durch das EU-Parlament und den Europarat der Minister werden die Verordnungen und Richtlinien veröffentlicht und treten in Kraft. Nach der Inkraftsetzung auf EU-Ebene müssen die neuen Vorgaben binnen relativ kurzer Frist auch in nationales Recht übergeführt werden.
Welche konkreten Auswirkungen für die Land- und Forstwirtschaft zeichnen sich ab?
In der "Erneuerbaren"-Richtlinie werden beispielsweise detaillierte neue Regeln für Nachhaltigkeitskriterien für die energetische Nutzung von fester und gasförmiger Biomasse diskutiert, die eingehalten werden müssten, um Förderungen bekommen oder um die erzeugte Bioenergie auf die Zielerreichung anrechnen zu können. Aufwändige Administrationsvorgaben und kostspielige Zertifizierungen für biogene Energieträger drohen, wenn sich verschiedenste Aktivisten mit ihren die praxisfernen Vorstellungen durchsetzen können.
Ein weiteres kontraproduktives Beispiel wäre der heftig diskutierte Ausstieg aus biogenen Treibstoffen der 1. Generation in der EU. Das Zurückfahren der innereuropäischen Produktion von biogenen Treibstoffe aus Öl- und Eiweißpflanzen bis zum Jahr 2030 auf null wäre aus mehreren Gründen fatal: Es geht eine wichtige Verwertungsmöglichkeit für überschüssiges und für die Nahrungsmittelproduktion schlecht geeignetes Getreide ebenso verloren wie die im Produktionsprozess als wichtiges Koppelprodukt anfallenden Eiweißfuttermittel. Als negative Folge müsste Getreide aus Mitteleuropa unter hohem Preisdruck auf ausgelasteten Märkten abgesetzt und im Gegenzug noch mehr Eiweißfuttermittel aus Übersee importiert werden, das noch dazu fast durchgängig aus gentechnisch verändertem Saatgut stammen würde. Die Folge wären zusätzlicher Preisdruck für Getreide und eine steigende Abhängigkeit von Eiweißfuttermittelimporten in der EU. Der einzige Gewinner dieses Szenarios wäre die Mineralölwirtschaft, die weiter unbehelligt ihre klima- und umweltschädlichen fossilen Treibstoffe in der EU vermarkten können.
Die notwendige Begleitung des wichtigen Diskussionsprozesses zu diesem umfassenden EU-Regelwerk für eine "Saubere Energie für alle Europäer" ist mit hohem Zeitaufwand verbunden und eine große Herausforderung für alle involvierten Institutionen in Österreich. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden die Endverhandlungen des Richtlinienpakets mit der Ratspräsidentschaft Österreichs im 2. Halbjahr 2018 zusammenfallen.